Liebe Alle,
wir, der Fachschaftsrat des Fachbereichs Vier der Hochschule Ludwigshafen zeigen uns solidarisch mit unserer Kommilitonin und allen anderen von Flucht und Abschiebung betroffenen Menschen.
Die Abschiebung von Lusines Mann und ihrem Sohn in der Nacht vom 30. Januar auf 31.01. Januar ist ein Beispiel für die unmenschliche Asylpolitik Deutschlands und im Gesamtkontext auch das Ergebnis globaler Macht- und Herrschaftsverhältnisse.
Die weltweite Kluft zwischen arm und reich, die zahlreichen Kriegsschauplätze und die Millionen von Elend und Armut betroffenen Menschen sind keine zufällige Erscheinung. Sie sind Ergebnisse globaler Macht- und Herrschaftsverhältnisse und des ungleichen Besitzes an Reichtum und Bodenschätzen. Sie sind das notwendige Resultat des Kapitalismus – einem System, das nicht an dem Wohl und den grundlegenden Bedürfnissen der Menschheit ausgerichtet ist, sondern an den Milliardengewinnen von Unternehmen und Konzerne.
Die Konfrontation mit von Krieg, extremer Armut und Naturkatastrophen betroffenen Menschen findet verstärkt nicht mehr nur medial statt. Zunehmend sind wir in den Metropolen der westlichen Industriestaaten mit den betroffenen Menschen unmittelbar und direkt konfrontiert. Sie sind keine bloßen Zahlen, sondern steigen aus Zügen in den Bahnhöfen der Großstädte, besetzen aus Protest öffentliche Plätze und leben in Flüchtlingsunterkünften in direkter Nachbarschaft oder wie in diesem Beispiel, wenn es eine Kommilitonin betrifft.
Länder und Unternehmen, die mit dieser Ausbeutungspolitik Flucht verursachen können sich ihrer Verantwortung nicht entziehen. Doch genau dies findet statt. Die faktische Abschaffung des Grundrechts auf Asyl in der Bundesrepublik wurde zum Grundpfeiler des heutigen EU-Grenzregimes. Nicht nur die Zahl kriegerischer Auseinandersetzungen ist extrem hoch, sondern auch die Asyl- und Abschiebepolitik in Deutschland ist so zugespitzt wie noch nie. Der staatliche und gesellschaftliche Rassismus hat in Deutschland zugenommen und wird – nach dem Einzug der AfD in etliche Landesparlamente und in den Bundestag – weiter an Fahrt aufnehmen.
Jahrzehntelang ist es den Herrschenden gelungen, die schärfsten Auswirkungen und Krisenerscheinungen des globalen Kapitalismus in Länder außerhalb der Europäischen Union abzuwälzen. Doch die Rechnung geht nicht mehr auf: Selbst die Überwachung und militärische Sicherung der EU-Außengrenzen kann nicht verhindern, dass sich Geflüchtete für ein Leben in Sicherheit auf den Weg nach Europa machen. Immer höhere Stacheldrahtzäune oder der vorgebliche Kampf gegen organisierte Schlepperbanden im Mittelmeer werden nicht zu einer Aufhebung von Flüchtlingsbewegungen führen.
Flucht muss in diesem Kontext betrachten werden: Als Resultat von ökonomischen, politischen und militärischen Interventionen durch (vor allem) die westlichen Metropolen. Dafür ist es nötig, einen tiefer gehenden Blick auf die – dem Kapitalismus innewohnenden – Zwänge zu werfen, die zu den genannten Interventionen führen. Die Fragen, die wir uns stellen sind: Was sind Ursachen von Flucht? Welche Rolle spielen dabei Kriege und wirtschaftliche Ausbeutung? Was hat das alles mit Deutschland und dem Kapitalismus zu tun?
Diese drei Fluchtursachen vereint ein gemeinsamer Ursprung. Hauptverantwortlich für Krieg, Armut und Umweltzerstörung sind die westlichen Industriestaaten. Als drittgrößter Waffenexporteur und wirtschaftliche Führungsmacht spielt Deutschland eine bedeutende Rolle bei der globalen Verursachung von Flucht.
Deshalb fordern wir: Keine Abschiebung von Flüchtlingen und offene Grenzen für alle!
Kein Mensch flieht grundlos aus seiner Heimat. Den vielbeschworenen Asylschmarotzer gibt es nicht. Genauso wenig gibt es bessere oder schlechtere, akzeptable und nicht-aktzeptable Fluchtgründe. Menschen, die vor Hunger, Armut, Umweltzerstörung oder Bürgerkrieg fliehen, müssen das gleiche Bleiberecht in Deutschland haben wie politisch Verfolgte oder Folteropfer. Die Fluchtgründe sind vielfältig und nicht in eine Rangordnung zu pressen. Fluchtgründe dürfen nicht aus strategischen Gründen akzeptiert oder abgelehnt werden. Herkunftsland oder Fluchtweg dürfen nicht die für den Asylantrag maßgeblichen Kriterien sein. Neben einem Asylgesetz, das Verfolgten Sicherheit gewährt, muß vor allen Dingen die Verhinderung von Fluchtursachen Ziel der Flüchtlingspolitik sein und nicht die geflüchteten Menschen. Kein Mensch ist illegal. Vielen Dank!